Im Rahmen der Massenfestnahmen von Aktivist:innen in Hongkong am 6. Januar hat die Polizei mehr als 200 Endgeräte wie Telefone und Laptops beschlagnahmt. Bei einzelnen Betroffenen erschienen die Polizeibeamten mit Listen von Telefonnummern, die auf diese Person registriert waren, berichtet die Washington Post.
Nach Informationen der Zeitung hat die Hongkonger Polizei begonnen, Endgeräte nach Festland-China zu schicken, um diese dort auszuwerten.
Bei den am vergangenen Mittwoch Festgenommenen handelt es sich um Menschen aus dem Pro-Demokratie-Spektrum, unter ihnen Gewerkschafter, Aktivist:innen für Minderheitenrechte und frühere Abgeordnete. Sie alle hatten sich in den Vorwahlen zur Parlamentswahl engagiert, bei denen das demokratische Spektrum gute Chancen gehabt hätte. Die Wahl, die im September 2020 hätte stattfinden sollen, wurde von Hongkongs Regierung mit Verweis auf die Corona-Pandemie verschoben. Es wird zudem erwogen, das Wahlsystem zu Ungunsten der Demokratiebewegung zu verändern.
Seltsame Aktivitäten
Bis auf zwei der 52 Festgenommenen wurden alle gegen Kaution wieder freigelassen. Niemand wurde unter dem drakonischen neuen Sicherheitsgesetz angeklagt. Kurz nach den Festnahmen und Beschlagnahmungen berichteten Kollegen und Bekannte der Festgenommenen seltsame Aktivitäten auf deren Social-Media- und Kommunikationsaccounts, berichtet die Washington Post. So seien beispielsweise über den Telegram-Account eines festgenommenen Radiomoderators Nachrichten versendet worden. Bei anderen wurden Confirmation-Codes von Telegram verschickt, mit denen die Echtheit des Accounts überprüft werden soll. Telegram hatte eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Proteste gespielt.
Ausforschung demokratischer Netzwerke
Zwei ehemalige Abgeordnete erhielten außerdem von Google den Hinweis, dass „State sponsored hackers“ versuchten, in ihre Gmail-Accounts einzudringen. Hintergrund der Ausforschungen könnte sein, dass die Polizei ein genaueres Bild über die demokratischen Netzwerke und die Proteste gewinnen will. Das befürchtet Glacier Kwong, eine Digital Rights Aktivistin, die mittlerweile in Deutschland im Exil lebt. Sie sagte gegenüber der Washington Post: „Die Regierung möchte mit den beschlagnahmten Geräten das Netzwerk der Opposition abbilden, also wer mit wem in Kontakt steht, um uns komplett niederzuschlagen.“
Nach den Razzien war zudem die Webseite HKChronicles in Hongkong nur noch auf Umwegen über eine Virtual Private Network erreichbar. Kwong sieht in dieser Zensur einen Präzedenzfall und ist sich sicher, dass weitere Einschränkungen folgen werden.
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